Al Ghad:

Amerikanische Aktivistin schreitet durch eine Wand aus Feuer und zeigt sich besorgt über die Wunden der Iraker und Palästinenser im Rahmen ihres Vortrags auf dem Forum jordanischer Schriftsteller



Die armenisch-amerikanische Aktivistin Frau Weissbach vorgestern auf dem Forum jordanischer Schriftsteller;

Amman - Aziza Ali.
Foto: Amjad Ettaweel

Muriel Mirak-Weissbach
Rückblickend auf die qualvolle Tragödie ihrer Eltern durch den schrecklichen Völkermord und die Brutalität der Kriege sprach die armenisch-amerikanische Aktivistin Muriel Weissbach bei ihrem vorgestrigen Vortrag auf dem Forum jordanischer Schriftsteller über Ihr Werk “ Through the Wall of Fire: Armenien – Irak – Palästina“ (Vergeben und Vergessen).

Weissbach gehört zu den ersten, die nach dem Irakkrieg 1991 in die Region einreisten mit der Absicht irakischen Kindern zu helfen. Ihr in 2009 vom Fischer Verlag veröffentlichtes Buch besteht aus drei Teilen mit dreizehn Kapiteln, sechs illustrierten Seiten und sechs Skizzen. Die Übersetzung ins Arabische übernahm der Schriftsteller Dawed Sulayman Elqerna, der die Autorin zum ersten Mal während des Irakkrieges traf. Frau Weissbach habt als erste Amerikanerin das auf dem irakischen Volk verhängte Embargo gebrochen.
In ihrem Buch blickt Weissbach auf die Geschichte ihrer Familie und ihre Auswirkungen auf ihre humanitären und politischen Aktivitäten in Palästina und im Irak zurück. „Ich bin als Kind armenischer Eltern geboren, deren Familien den Völkermord von 1915 an den Armeniern nicht überlebten“, erzählt die Tochter armenischer Einwanderer. Das Ausmaß der Tragödie konnte die Autorin erst später wahrnehmen, als sie groß wurde.
Das Buch erzählt über das Leben von Kindern, die dem Völkermord, der ethnischen Säuberung und dem Krieg zum Opfer gefallen sind. Konkrete Fallbeispiele in dieser Hinsicht sind der Völkermord von 1915 in Armenien, die beiden angloamerikanischen Kriege gegen die Zivilbevölkerung im Irak sowie die palästinensische “Nakba“ (Besetzung der palästinensischen Gebiete 1948 und Gründung des Staats Israel). Dabei bekräftigt die Autorin, dass die Ereignisse im Buch aus der Perspektive von Menschen stammen, die damals noch Kinder waren.
Mit ihrem Werk versucht Weissbach den von den einst Kindern erlittenen Schock ans Licht zu bringen, ein Schock, der diese Kinder dazu brachte, Gefühle von Hass und Rache zu entwickeln. Diese Gefühle wurden später an die nächsten Generationen übertragen. Darum wird es hier unmöglich, den Weg zum Frieden zu finden. Doch die Autorin ist sich sicher, dass es eine Lösung gebe, wenn man eine vergleichbare psychische Betrachtungsweise des Problems hätte.
Das Schreiten durch die Feuerwand sei nur dann möglich, wenn man die gegenseitige Hass- und Rachegefühle sowie Vorurteile ablege, in dem man sich der Wahrheit der Vergangenheit stelle, die geschichtlichen Abläufe in ihrer Brutalität akzeptiere und nur die wirklich verantwortlichen politischen Mächte benenne, fügte sie hinzu.
„Der erste Teil des Buches beschreibt in drei Kapiteln die Tragödie in Armenien im Jahre 1915 aus der Perspektive von Menschen, die damals noch Kinder waren, unter denen waren meine Eltern, die aus der Nähe von Arbakir stammen. Berichte von europäischen Augenzeugen bestätigen auch das, was diese Kinder damals erlebten“.
Das zweite Kapitel liefert - anhand türkischer und armenischer Quellen- Beweise aus der Geschichte über die Verantwortlichen am Völkermord an den Armeniern. Als Beispiel werden in diesem Kapitel u. a. die von freigesprochenen Häftlingen, Mitgliedern von Gangs und Kurden gegründeter Spezialorganisation, die Henker-Komitee bestehend aus drei für die Austreibung und Hinrichtung der Armenier zuständigen Mitgliedern und schließlich die junge türkische Führung herangezogen.
Im dritten Kapitel geht es um die Möglichkeit, mittels vergessen und vergeben durch die Feuerwand zu schreiten.
Der zweite aus fünf Kapiteln bestehende Teil des Buches erzählt über den Irakkrieg in 1991 aus der Sicht der Autorin durch ihre persönliche Erfahrung, als sie sich in einer humanitären Hilfsaktion für die Kinder im Irak engagierte.
Im zweiten Kapitel werden die Geschichten der verletzten Kinder dargestellt, die in Deutschland bzw. in den Vereinigten Staaten operiert und dann zu ihren Familien im Irak zurückgeflogen wurden. Unter ihnen war die vierjährige Sabrin, die während des Krieges einen Beinbruch erlitt und durch den Schock nicht mehr sprechen konnte. Nach ihrer Behandlung in Deutschland war sie aber wieder in der Lage, sprechen zu können.
Im dritten Kapitel geht es um zwei irakische Gruppen: die zu Botschafter ihres Landes gewordene Kinder einerseits und zahlreiche herausragende Politiker andererseits.
Das vierte Kapitel “Unterstützt von Irak Airlines“ berichtet über die wichtige Rolle der Flugzeugflotte der Irak Airlines bei den Hilfsaktionen in den 90er Jahren.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit den Berichten zahlreicher Agenturen der Nachkriegszeit über die Auswirkungen der anhaltenden verhängten Sanktionen nach dem Krieg auf das wirtschaftliche und soziale Leben der Bevölkerung in der Region.
Darüber hinaus stellt dieses Kapitel kurze Geschichten über die Qualen der verletzten Kriegsopfer in den Krankenhäusern und das Leiden von Zivilisten und Politikern dar. Vom Besuch des Bombensicheren “Alamirya- Punkers“ wird hier auch berichtet.
Der dritte Teil des Buches befasst sich mit der Lage in Palästina seit dem Oslo-Abkommen. Dabei werden im Kapitel “Scheitern des Friedens“ als Folgen für das Scheitern des Friedens die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse und die Zunahme der Gewaltzustände trotz zahlreicher internationaler Konferenzen über die wirtschaftliche Dimensione des Friedenprozesses.
Im zweiten Kapitel berichtet die Autorin kurz über den Krieg in Gaza Ende 2008. Sie bezeichnet diesen als “schreckliche Steigerung der Gewaltzustände seitens der Friedensgegner in den USA, Großbritannien und Israel“. Der schwere Angriff und die zahlreichen Opfer unter den Zivilisten führten zur Änderung der Einstellung bei der Öffentlichkeit auch in Israel selbst. Dabei wurden viele Fragen gestellt, die nicht nur die amtierende Regierung in Israel betreffen, sondern auch den Zionismus im Ganzen.
Im dritten Kapitel bezieht sich Weissbach auf die Notiz des palästinensischen Schriftstellers Edward Said, dass Oslo-Abkommen an Referenzen aus der Geschichte fehle. Dann erzählt die Schriftstellerin über die widersprüchliche und gleichzeitig verflochtene Geschichte der Palästinenser und Israelis. Im Kapitel wird die offizielle Version der Ereignisse von israelischen Historikern erzählt, und zwar anhand von Berichten der Protagonisten selbst wie David Ben Gurion zum Beispiel.
Im Kapitel “gewagte Hypothese“ macht die Autorin auf die Rolle der Briten aufmerksam: Als die Zionisten die Palästinenser austrieben, kannten sie bereits die Ideologie, die die jungen Türken bei den Armeniern jene Zeit verfolgten. Es bestand sogar Kontakt zwischen den Türken und den Zionisten, die sich hierzu wohlmöglich von der türkischen Schule beeinflussen ließen. Dies beruht auf offiziellen Berichten aus Ben Gurions Biographie, als er zur der Zeit des Osmanischen Reichs zwischen 1911 und 1915 in der Türkei studierte.
Das fünfte Kapitel, das sich mit der Schaffung von Frieden befasst, enthält eine Vorstellung des Konzepts von Edward Said und vom israelischen Musiker Daniel Barenboim, die das erste arabisch-israelische Jugendorchester gründeten. Die Autorin schlägt vor, eine vergleichbare Betrachtung zu adoptieren, weil diese Erfahrung zu einer großen Veränderung von Gefühlen und Einstellungen bei den Jugendlichen geführt habe.